Biografie

Christine Wolter, Schriftstellerin, Herausgeberin, Übersetzerin,

  wurde 1939 in Königsberg/Ostpreußen geboren, wo ihr Vater, der Architekt Hanns Hopp, bis zum Machtantritt der Nazis 1933 bedeutende öffentliche Bauten im Geist der Neuen Sachlichkeit errichtet hatte. Die ostpreußische Landschaft der frühen Kindheit an der Samlandküste hinterließ unauslöschliche Eindrücke. Nach der Flucht aus Ostpreußen kam die Familie zunächst in Radebeul bei Dresden, dann in Halle unter. 1950 siedelte sie  nach Ostberlin über, wo der Vater an der Planung der „Stalinallee“, der „ersten sozialistischen Straße“ beteiligt war. C.W. studierte Romanistik, war als Verlagslektorin, Dolmetscherin, Übersetzerin, Herausgeberin tätig. 1970 wurde der Sohn Hanns geboren. 1978 siedelte sie aus der DDR nach Italien über.

In der DDR wurde C.W. durch ihre emanzipatorischen Frauengeschichten bekannt, die 1973 unter dem Titel „Wie ich meine Unschuld verlor“ erschienen und zahllose Neuauflagen erlebten. Zum DDR-Geheimtip wurde das Segler-und Frauenkultbuch „Die Alleinseglerin“ (1980), das, vordergründig gelesen (und auch so von der DEFA verfilmt), eine ironische Fabel aus dem DDR-Alltag einer alleinstehenden und alleinerziehenden Seglerin war, in dem sich aber das Bekenntnis zu einem freien Individualismus gegen alle offizielle und inoffizielle Dogmen verbarg.
Wichtiges Thema weiterer Bücher ist Italien. Mit impressionistisch- ironischem Blick reist die Autorin durch die Apenninhalbinsel, wo sie, die sich immer noch als  Berlinerin bezeichnet, bei Mailand lebt.

Straße der Stunden. 44 Veduten aus dem heimlichen Mailand“, erschienen 1988 (italienisch unter dem Titel „Via delle Ore“ 1999 bei Rubettino Editore) sammelt Blicke einer „Flaneuse“ auf  die verborgenen Seiten von Mailand.

Italien muß schön sein. Impressionen und Depressionen aus Arkadien  (1990),  wirft einen kritisch-liebevollen Blick auf Menschen und Orte, die immer noch Sehnsuchtsziel vieler Deutschen sind.

1996 erschien der Roman „Die Zimmer der Erinnerung. Roman einer Auflösung“, in dem die Autorin an Hand eigener Erinnerungen das Bild einer Kindheit  vor dem Hintergrund Ostpreußens, Sachsens und Ostberlins  entwirft. Über diesen Roman schrieb Wolfgang Werth in der „Süddeutschen Zeitung“ (4.1.97): „Christine Wolter ist an keiner Stelle ihres sehr überlegt choreographierten Textes in Versuchung geraten, uns irgendwelche Familiengeheimnisse aufzudrängen; ebensowenig veräußert sie die wachgerufenen Erinnerungen als Plakate zur Zeitgeschichte. Beglaubigt durch die Seriosität der Erzählerin ... erscheint hier ein unauffälliges Leben, das wie abertausende von der deutschen Geschichte zwischen Weimarer Republik und Wende mitbestimmt worden war. ...Dieser unaufdringliche ‚Roman einer Auflösung’ ... will uns .. am Vorgang einer notwendigen, ja, Besinnung teilhaben lassen, wie wir sie uns ‚normalerweise’ kaum leisten.“

Der Roman „Das Herz, diese rastlose Zuneigungs- und Abneigungsmaschine“ (Verlag Das Arsenal Berlin, 2000) erzählt eine „deutsche Liebesgeschichte“ zwischen 1930 und 1990. Die Erzählerin, besuchsweise in Berlin, gerät auf die Spuren der Geschichte ihrer Eltern, die auf dem Bahnhof Friedrichstraße begann und über Ostpreußen und Sachsen wieder nach Berlin führt. Der Mann, vor 1933 erfolgreicher Architekt der Neuen Sachlichkeit in Königsberg, erlebt hier in der eben gegründeten DDR -  nach zwölf Jahren des Ausgeschaltetseins – eine zweite Karriere als Miterbauer der „Stalinallee“. Dabei bricht die Lebensgemeinschaft  tragisch auseinander; die Liebe jedoch geht geheimnisvolle eigene Wege.

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